HALTET DURCH!

Wie die Welt gerade ist, wissen wir ja alle. Ich denke, darüber muss ich nicht viele Worte verlieren. Meine freie Zeit verbringe ich aktuell mit ganz alltäglichen Dingen, die schon lange darauf gewartet haben, erledigt zu werden, aber auch mit sehr vielem Unsinn, den es teils auf Instagram zu sehen gibt.

Ich bekomme viel positives Feedback. Menschen haben Spaß an meinem Quatsch und das macht mir Freude, was mir wiederum die Kraft gibt, positiv in die Zukunft zu sehen. Danke dafür! Win-win, sozusagen.

Meiner Meinung nach, ist es aktuell sehr wichtig, die gute Laune aufrechtzuerhalten und nicht den Mut zu verlieren. Wenn wir alle ein wenig dazu beitragen, werden wir das Kind schon schaukeln.

Haltet durch, macht schöne Dinge und holt das Beste aus dieser Situation heraus. Wir schaffen das, da bin ich mir sicher!

Und jetzt ein neues Liedchen von mir, entstanden aus dem kürzlich verfassten Gedicht Gottvertrauen.

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Eine Runde Bananen für alle

Überraschung, der wilde Affe ist zurück!

Da suche ich den Kerl über Jahre, bis in fremde Länder, und musste vor einigen Wochen erschrocken feststellen, dass ich selbst ihn versehentlich eingesperrt hatte, als ich etwas anderes versuchte auszusperren.

Ach wilder Affe, warum hast du dich denn nicht deutlicher bemerkbar gemacht? Oder habe ich einfach nicht richtig hingehört? Und wie hast du all die Zeit überlebt, ganz ohne Bananen? Fragen, die wir noch klären müssen. Wir werden uns jetzt erstmal beschnuppern, sind wir doch beide um ein paar Jährchen älter, uns etwas fremd und um einige Kilos leichter geworden. Ein Wunder, dass wir uns überhaupt erkannt haben.

Ich bin froh und glücklich, dass er wieder da ist und hoffe, er wird mir meine Unachtsamkeit verzeihen. Bananen alleine werden da wohl nicht reichen, um meinen guten Willen zu beweisen. Vermutlich werde ich ihm für den Rest unserer Tage noch seinen angegrauten Rücken striegeln dürfen, damit er mir wieder vertraut.

Ab jetzt werde ich es besser machen, versprochen.

Willkommen zurück, mein alter Freund!

Gottvertrauen

Geh den Weg, es ist der deine,
laufe langsam, leb und sei.
Du bist niemals ganz alleine,
rennst du nicht an dir selbst vorbei.

Hab Vertrauen in das Leben
und den Mut ins Jetzt zu sehen.
Sicherheit wird es nie geben –
was geschehen soll, wird geschehen.

Und wenn der Kopf dir Beinchen stellt,
dann lass ihn einfach und geh weiter.
Hör auf dein Herz, es kennt den Weg,
denn Herzen sind gescheiter.

3. März 2020 // © Antje Münch-Lieblang

Irgendwo im Nirgendwo (3455)

Ich war dann mal weg, für ein paar Tage. Die Gedanken sortieren, das Herz in Kurzzeitpflege geben und dem geschriebenen Wort somit Zeit und Raum. Das unausgesprochene Wort der letzten neun Jahren forderte vehement sein Recht ein, aber das gesprochene Wort und ich hatten kürzlich so unsere Differenzen.

Nach dreißig handgeschriebenen Seiten am Stück, Fehlversuche nicht mitgezählt, erwartete ich zu meiner Seelenscheidenentzündung fast noch eine Sehnenscheidenentzündung, blieb aber davon verschont.

Gegen den Orkan, der nun in meinem Inneren tobt, kommt mir jedes Sturmtief der letzten Wochen vor, wie eine laue Frühlingsbrise.

Ich wünschte, ich könnte die Ausrede geltend machen, nichts dafür zu können, weil ich mir das alles nicht ausgesucht habe. Doch das kann ich nicht. Und jetzt marodiert meine übergroße Liebe rücksichtslos durch die Leben von uns allen.

Liebe sollte einfacher sein.

Gefühlsamok #5: Dieses verirrte Herz (3432)

»Und, bereust du es schon?«, Lebowski lehnt mit verschränkten Armen neben mir an der Wand und beäugt mich von der Seite, während ich meiner Frau aus dem Schlafzimmerfenster dabei zuschaue, wie sie im Garten irgendein Zwiebelgewächs in Töpfe pflanzt. Dabei redet sie mit der Nachbarkatze, die neben ihr in den alten Weinkisten herumturnt.

»Was meinst du, Karl?«, frage ich ihn, sehe ihn dabei aber nicht an, weil ich genau weiß, was er meint und er weiß, dass ich es weiß. Doch weil er mein bester Freund ist, spielt er das Spiel mit:
»Dass du dich nach über acht Jahren dazu entschlossen hast, sie wieder zu öffnen, deine persönliche Büchse der Pandora. Dass du ihn nach all den Jahren wieder frei gelassen hast, deinen rosafarbenen Flaschengeist.«

Das mit der Büchse der Pandora gefällt mir nicht. Es ist nichts Schlechtes an alldem. Wobei, die Geschichte mit der Hoffnung, die angeblich beim zweiten Öffnen entweicht, passt ja dann doch wieder irgendwie. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Lebowski daran gedacht hat. Möglicherweise hat er es aber auch genau deswegen gesagt. Ich könnte ihn danach fragen, aber bin gedanklich schon beim rosafarbenen Flaschengeist. Das passt. Ich muss an die Bezaubernde Jeannie denken und unweigerlich lächeln.

»Bereust du es?«, Lebowski lässt nicht locker. »Rocko?«

Meine Frau sieht mich am Dachfenster und schüttelt den Kopf. Ich frage mich, ob sie das wegen mir und alldem oder wegen der Katze tut, die mittlerweile auf der obersten Kiste zwischen der sorgsam drapierten Dekoration thront und gähnt.

»Du willst es unbedingt von mir hören oder?«, ich schaue Lebowski an und sehe meinen Schmerz gespiegelt in seinen Augen. Das abgestorbene Lächeln trudelt schon längst dem Fußboden entgegen, wie der inhaltlose und vertrocknete Chitinpanzer eines toten Insekts.

»Nein, mein Freund«, sage ich leise, »ich bereue es nicht. Nicht eine Sekunde.«

Und während ich das sage, beschleicht mich das ungute Gefühl, dass ich es vielleicht irgendwann bereuen werde, auch wenn ich vom Bereuen grundsätzlich nichts halte.

Lebowski stellt sich hinter mich und legt seine Hände auf meine Schultern, wie es ein Vater vermutlich bei seinem Sohn tun würde. Ich finde es seltsam, aber lasse es zu, weil es sich gut anfühlt und weil er mein Freund ist, der nicht nur da ist, wenn es Bier gibt, sondern auch, wenn sich mein Innerstes anfühlt, wie ein Flächenbrand auf dem australischen Kontinent.

»Du hast gesagt, dass alles gut wird, Karl. Ich vertraue dir. Und ich weiß sehr wohl, dass das nicht zwingend bedeutet, dass alles so wird, wie ich es mir vorstelle. Vielleicht werde ich sie nun endgültig verlieren. Vielleicht verliere ich sogar beide. Aber, ich werde nie wieder mich selbst verlieren. Egal was kommt, ich werde es hinkriegen. Ich bin wie die Katze da«, sage ich weitaus entschlossener, als es sich anfühlt und deute mit einer leichten Kopfbewegung Richtung Garten, »ich falle immer wieder auf die Pfoten.«

»Falls du dir die Pfoten brichst oder gar den Hals, ich bin da.«, Lebowski klopft mir aufmunternd auf die linke Schulter, bevor er wortlos den Raum verlässt und kurze Zeit später wohl auch das Haus. Dafür, dass er so ein ausgewachsener Kerl ist, tut er das überraschend leise. Im Nachhinein kann ich mich nicht daran erinnern, weder seine Schritte auf der sonst so laut knarzenden Holztreppe wahrgenommen zu haben, noch die zufallende Haustür.

In der Küche steht immer noch das Frühstück auf dem Tisch und sieht mittlerweile aus, wie ich mich fühle, ziemlich beschissen. Ich habe sowieso keinen Appetit, obwohl der Vormittag schon lange hinter mir liegt. Zwischendurch vergesse ich einfach zu atmen und muss mich daran erinnern. Und wenn ich atme, fühlt es sich an, als bekomme ich trotzdem keine Luft, weil da neben dem ganzen Gefühl kein Platz mehr zu sein scheint.

Ich möchte mir das Herz aus der Brust reißen, weil ich mir vorstelle, dass der Schmerz, den so eine große und klaffenden Wunde verursacht, weitaus erträglicher sein muss, als der Schmerz, mit dem mich mein Herz gerade quält.
Dann fällt mir wieder ein, was Lebowski gesagt hat, kurz bevor er sich regelrecht in Luft auflöste. Den Hals werde ich mir wohl nicht brechen, aber vermutlich das Herz, denke ich, und dann wird mir plötzlich klar, dass er wohl genau das gemeint hat.

Dieses verirrte Herz, groß und schwer, wie ein gestrandeter Pottwal an der Küste ihrer Seele.

Unvollständig

Meine Seelenkönigin,
mein Herzbedürfnis,
mein ungesagtes Wort.

Meine Stärke,
mein Glaube,
mein geheimer Ort.

Mein Sehnen,
mein Flehen,
mein Schmerz
und mein Heil.

Meine Seelenkönigin,
mein Herzbedürfnis,
mein fehlender Teil.

21. Januar 2020 // © Antje Münch-Lieblang

Vom Retten und gerettet werden

Gerettet war damals Rockos allgemeingültiges Synonym für geklaut. In jungen Jahren haben wir echt viel gerettet, einschließlich uns vor diversen Abreibungen, aber immer mit ehrenhaften Absichten natürlich. Wie Robin Hood und Little John nahmen wir es von den Reichen und gaben es den Armen. In diesem Fall also uns, denn wir hielten uns für ausreichend arm, um das rechtfertigen zu können.

Wichtig beim Retten war allerdings nicht unbedingt immer die Beute, sondern vielmehr die Mission. Wie Soldaten schlichen wir uns durch die Gärten, von Baum zu Baum, versteckten uns hinter Hausecken, Holzstapeln, Schuppen und Autos. Wir schlüpften durch angelehnte Türen und kletterten in offene Fenster, immer auf der Hut, den Nervenkitzel wie ein Sturmgewehr im Anschlag. Wir waren schnell, fast unsichtbar, eine Sondereinheit, speziell ausgebildet für die ganz kniffligen Angelegenheiten. Weil wir irgendwie immer Kohldampf hatten, spezialisierten wir uns auf zum Abkühlen abgestellte und somit meist unbeobachtet Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Kuchen oder Bratklopse.

Je älter wir wurden, desto mehr rückte übrigens die Beute in den Fokus unserer Bemühungen. Wir retteten die Unschuld zahlreicher Mädchen, was im Grunde gar nicht so anders war, denn auch das führte manches Mal dazu, dass wir danach uns retten mussten, im eigentlichen Sinne des Wortes Retten, weil es irgendwer mit der Ehrlichkeit mal wieder nicht so genau genommen hatte. In diesem Fall hieß das bestenfalls Füße in die Hand nehmen und rennen. Schlimmstenfalls gab es von irgendeinem gehörnten Typen eins auf die Nase, was es manchmal tatsächlich wert war.

Doch kommen wir zurück zu den Kindertagen und den Bratklopsen. Die besten Bratklopse weit und breit machte nämlich Frau Kneer, die auch den kleinen Laden im Ort führte. Die Wohnung von Kneers war direkt an den Laden angeschlossen und hatte einen direkten Durchgang zur Küche. Oft kam es vor, dass man den Laden betrat und Frau Kneer, durch die Türglocke aktiviert, in Windeseile, noch mit Küchenschürze behangen, hinter die Ladentheke schoß. Sie war so schnell, dass es unmöglich gewesen wäre, im Laden etwas mitgehen zu lassen. Ladendiebstahl war jetzt auch nicht unser Metier. Wir wollten zwar in gewisser Weise Ganoven sein, aber wir hatten auch Werte. Außerdem hatten wir einen Heidenrespekt vor Frau Kneer, weil sie niemals lächelte und auch sonst ein sehr resolutes Auftreten hatte. Ihre Bratklopse waren allerdings ein gewisses Risiko wert. Es waren nämlich nicht einfach nur gewöhnliche Klopse. Das Geheimnis lag in der Füllung. Manchmal war Speck drin, manchmal Käse und manchmal, wir nannten sie die Königsklopse, war sogar beides drin. Für diese Dinger wären wir gestorben und hätten zumindest eine Abreibung in Kauf genommen.

Die Sache war im Grunde einfach. War das Küchenfenster offen und das war es fast immer, wenn Frau Kneer Bratklopse machte, mussten wir nur geduldig auf Kundschaft warten und dann einfach verdammt schnell sein, während Frau Kneer vorne im Laden bediente. Diese Vorgehensweise war quasi idiotensicher, wenn wir uns geschickt anstellten und das taten wir. Natürlich nahmen wir niemals alle Klopse, damit es nicht auffiel, was uns wirklich eiserne Disziplin abverlangte. Diese Quelle war zu wertvoll, um das Risiko einzugehen, das sie durch unsere Gier womöglich dauerhaft versiegte.

Schwieriger wurde es allerdings, wenn keine Kundschaft kam. Dann mussten wir kreativ werden. Selbst hatten wir selten ausreichend Geld, um uns etwas im Laden zu kaufen. Außerdem wollten wir nichts Materielles in die Sache investieren. Sonst hätten wir ja auch gleich fragen können, ob Frau Kneer uns ein paar Bratklopse verkauft. In diesem Fall probierten wir es zuerst auf die einfachste Art und Weise. Wir gingen nach Hause und versuchten unsere Mütter dahingehend zu beeinflussen, dass sie uns einkaufen schickten. Zur Not machten wir schnell die Milch leer oder versteckten den Zucker in der hintersten Ecke des Vorratsschrankes. Irgendeiner von uns hatte meistens Glück und kam mit Einkaufszettel, Beutel und Geldbörse zurück. (Rocko gibt übrigens noch heute gelegentlich damit an, mal ein ganzes Paket Butter gegessen zu haben, damit ihn seine Mutter in den Laden schickt. Er nennt das Einsatz für den Klops-Frieden.)

Es gab allerdings noch den absoluten Ausnahmezustand und der trat dann ein, wenn weder Rockos noch meine Mutter irgendetwas aus dem Laden brauchte. Dann mussten wir einen Einkauf fingieren. Das bedeutete, in den Laden zu gehen, sich in aller Seelenruhe irgendetwas auszusuchen, möglichst wenig dabei anzufassen, denn das mochte Frau Kneer gar nicht, um dann beim Bezahlen ewig das Kleingeld zusammenzuzählen, welches natürlich, wer hätte das jetzt gedacht, nicht reichen würde. Niedergeschlagen gucken, brav entschuldigen und sagen, dass man schnell nach Hause geht, um nochmal kurz im Sparschwein zu stochern. Verbeugen. Vorhang. Applaus.

Der Held oder das Opfer, je nach Sichtweise, wurde in der Regel durch Münzwurf ermittelt. Rocko tat sich in der Beziehung nicht sonderlich schwer, zumindest merkte man es ihm nicht an. Wenn ich hinten nach den Bratklopsen angelte, konnte ich hören, wie er vor Frau Kneer den großen Zampano machte und versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, um Zeit zu schinden. Zwar wurde das ein sehr einseitiges Gespräch, aber das tat der Sache ja keinen Abbruch.

Fiel mir diese Aufgabe zu, machte ich mir fast in die Hose und ich bin mir sicher, dass man es mir auch ansah. Nie konnte ich mich für etwas entscheiden und lief ziellos durch den Laden, während sich Frau Kneers speerspitzenartiger Blick in meinen Rücken bohrte. Ich habe da heute noch zwei vernarbte Stellen, ohne Mist. Aus lauter Nervosität fasste ich alles mögliche an und zuckte regelrecht zusammen, wenn Frau Kneer mir zum wiederholten Male unmissverständlich klar machte, dass ich mit meinen ungewaschenen Drecksgriffeln nicht alles anfassen soll. Aus lauter Panik entschied ich mich dann meistens für was total Unpassendes, wie zum Beispiel ein Glas Gurken oder Dosenfleisch. Einmal stand ich sogar mit einer Packung Damenbinden an der Kasse, einer der peinlichsten Momente in meinem Leben, weil ich wahllos in irgendein Regal gegriffen hatte, um dem Ganzen schnell ein Ende zu machen, obwohl es ja eigentlich darum ging, möglichste viel Zeit zu schinden. Beim Bezahlen machte ich das unfreiwillig wieder gut, weil ich meist so fahrig war, dass mir ständig die Geldstücke herunterfielen und durch den Laden kullerten, sodass ich Minuten auf den Knien unter irgendwelchen Regalen verbrachte. Hinter dem Tresen stand Frau Kneer mit verschränkten Armen und verzog keine Miene, während ich mir einbildete, dass sie mich längst durchschaut hatte und mich später zu Hause ein Donnerwetter erwarten würde.

Für sowas war ich einfach nicht gemacht. Ich war kein Typ für die Front. Im Hintergrund Pläne ausklügeln und Fäden ziehen, Schmiere stehen oder den Fluchtwagen fahren, darin wäre ich sicher gut und brauchbar gewesen. In direkter Konfrontation auf Feindesgebiet war ich eine totale Nullnummer. Am Ende war das aber alles vollkommen egal, denn mit dem ersten Bissen in den erbeuteten Bratklops war meine Welt wieder im Gleichgewicht. Lange war es mir ein Rätsel, wie es möglich war, das jemand wie Frau Kneer, für mich der Inbegriff von Grauen, so himmlische Bratklopse machen konnte.

Die Antwort offenbarte sich mir ein Jahr später, im Winter 1990. Meine Mutter bekam einen Schlaganfall beim Schneeschippen und verstarb wenige Tage darauf im Krankenhaus. Einen Tag nach der Beerdigung kam Frau Kneer vorbei und brachte uns, meinem damaligen Stiefvater und mir, eine große Schüssel ihrer Bratklopse. Sie blieb nicht lange, redete nur kurz mit meinem Stiefvater im Wohnzimmer und klopfte mir zum Abschied unsanft auf die Schulter, was vermutlich aufmunternd gemeint war.

»Is‘ beides drin, Käse und Speck.«, flüsterte sie und versuchte mir zuzuzwinkern, was ihr nicht recht gelang.

Dieses Mal brachten die Bratklopse meine Welt nicht wieder ins Gleichgewicht. Stattdessen lehrten sich mich, dass es Menschen gibt, die zwar eine Schale aus Rauputz haben, aber dafür eine Seele aus Karamell.

Das Geheimnis liegt eben oftmals in der Füllung.

Zerebrale Flatulenz im Stroboschein

Ich habe jetzt jede Nacht Disco in meinem Zimmer. Am Gebäude schräg gegenüber ist eine Lampe kaputt. Sobald es dämmert, geht sie an und verbreitet ihren grellen, stroboskopartigen Zauber.

An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. An. Aus. …

Zum irre werden. Die ganze Nacht. Mein Fenster hat weder ein Rollo, noch eine Gardine. Würde auch nichts nutzen, da ich es bevorzuge bei gekipptem Fenster zu schlafen. Der Spaß geht jetzt schon über mehrere Nächte und ich wünsche mir gerade ein Luftgewehr, um dem heute Abend bequem und unauffällig ein Ende machen zu können. Letzte Nacht habe ich mit verbunden Augen geschlafen. Als ob es nicht schon ausreichen würde, dass ich wegen dieser kack Influenza und dem damit verbundenen Husten zur Zeit nur im Sitzen schlafen kann, muss ich mir jetzt auch noch die Augen verbinden. Geht’s noch? Entwürdigender ist nur noch der große Schaumstoffring auf den ich meinen hübschen Hintern mittlerweile bette, weil er vom Sitzen weh tut. Der Arsch ist sozusagen im Arsch. Tusch!

Um mich aus der Selbstentwürdigungsnummer mal wieder zu befreien: Seit gestern bin ich übrigens bei Twitter (Update April 2021: Twitter-Account mittlerweile wieder gelöscht) und ich weiß noch nicht so genau, wie ich das finden soll. Lebowski, der alte Nerd, hat mich da reingequatscht. Vonwegen mit der Zeit gehen und informiert bleiben und mehr Leser erreichen und mal aufgeschlossen sein für Neues und blablabla, so ein Zeug eben. Na gut, dachte ich mir, ich habe ja gerade sowieso nicht viel zu tun, probiere ich dieses Twitter eben mal aus. Keine Ahnung, ob das von Dauer sein wird. Noch kann ich kein Urteil abgeben, ob mir das gefällt oder nicht.

Übrigens bin ich nicht so verstaubt, wie es manchmal den Eindruck macht. Ich bin stinkfaul und habe keine Lust auf zusätzliche Verpflichtungen. „Die Arbeit ist etwas Unnatürliches. Die Faulheit allein ist göttlich.“, sagte einst Anatole France. Kluger Mann. Seine weisen Worte nehme ich mir stets sehr zu Herzen.

Irgendwie war das hier auch ganz anders geplant. Dieser Blog entstand, als ich einen virtuellen Ort brauchte, an dem ich heimlich meine Wunden lecken, mich im Selbstmitleid suhlen und meinen persönlichen Wahnsinn ausleben konnte. Jetzt ist von alldem nur noch der persönliche Wahnsinn übrig. Plus Lebowski, der auf meine Bitte gelegentlich noch seinen eigenen Irrsinn einkreuzt. Keine Ahnung, wo die Reise hingeht. Am Besten lehne ich mich zurück und lasse das Boot einfach mal treiben. Irgendwo wird es schon ankommen.

Zu der kaputten Lampe am Gebäude schräg gegenüber ist mir immer noch keine befriedigend Lösung eingefallen. Irgendwie disqualifiziert sich jede Idee direkt damit, dass ich mir erst eine Hose anziehen muss. Luftgewehr, ich sage es ja. Das wäre einfach die bequemste Lösung. Habe ich aber immer noch nicht.

Vielleicht mache ich heute Nacht auch einfach richtig laute Musik an und tanze nackt bei offenem Fenster im Strobolicht bis irgendein Nachbar die Polizei anruft. Dann kann ich die Polizisten mit einer Leiter auf die andere Straßenseite zur Lampe schicken. Um denen die Tür aufzumachen muss ich mir allerdings auch wieder eine Hose anziehen, sonst nehmen die mich gleich mit. Verdammte Hose! Alles scheitert immer an dieser verdammten Hose!

Ich mache mir jetzt erstmal einen Tee.