Schlagwort: Liebe

Unvollständig

Meine Seelenkönigin,
mein Herzbedürfnis,
mein ungesagtes Wort.

Meine Stärke,
mein Glaube,
mein geheimer Ort.

Mein Sehnen,
mein Flehen,
mein Schmerz
und mein Heil.

Meine Seelenkönigin,
mein Herzbedürfnis,
mein fehlender Teil.

21. Januar 2020 // © Antje Münch-Lieblang

Verrückt! Schlicht und ergreifend verrückt.

Da habe ich über Jahre Tagebuch geschrieben, damals noch so richtig, mit Stift und auf Papier, als das Wort Bloggen vermutlich noch gar nicht existent war, und über diesen einen Tag, diesen einen Augenblick, der mir mein ganzes restliches Leben so wichtig geblieben ist, der mich gewissermaßen hat überleben lassen, über diesen Tag habe ich nie etwas geschrieben? Kann das wirklich sein? Es gab immer mal Tage und Monate der Schreibflaute. Kann es tatsächlich sein, dass ich die wichtigste Erinnerung in meinem Leben nur auf die Innenwände meiner Hirnrinde gekritzelt habe?

Ich fasse es nicht und glaube es auch nicht, aber nach zweifachem Durchblättern der Tagebücher aus dem möglichen Zeitraum, habe ich nur einen Hinweis auf dieses Ereignis gefunden, aber nicht das Ereignis selbst. Das schmeckt mir ebensowenig wie der billige Whiskey, den ich dachte zu brauchen, um mit dem fertig zu werden, was mir auf der Suche in diesem Teil meines Lebens begegnen würde.

Tatsächlich ist mir beim Überfliegen schon so Einiges begegnet und was fast genauso schlimm ist, wie der verschwundene Tag, ist die Tatsache, dass ich mich an manche Ereignisse, die ich schriftlich festgehalten habe, gar nicht mehr erinnern kann. Nein, es ist nicht fast genauso schlimm, es ist weitaus schlimmer. Ich habe Momente zwischen uns vergessen, die wunderbar und unglaublich waren, die mir wichtig waren, die mein Lebensglück waren, die alles für mich waren. Jetzt lese ich davon, schlucke und kämpfe mit den Tränen, weil alles so herzzerreißend ist, aber ganz im Gegensatz zu diesem einen Moment, der unvergeßlich bleibt und nie auf Papier konserviert wurde, sind manche der auf Papier konservierten Momente einfach aus meiner Erinnerung verschwunden.

Es ist, als lese ich die Geschichte eines Anderen.

17

Siebzehn Jahre, mein Gott.
Siebzehn Jahre waren einmal mein halbes Leben.
Eine Ewigkeit.

Eine Ewigkeit, die Du nicht mehr in Deinem Leben bist, aber unverrückbar immer noch in meinem. Meine Liebe klebt an der Erinnerung an Dich, wie ein Kaugummi auf dem Asphalt. Das kriegt man nicht mehr los. Wenn es da schon siebzehn Jahre klebt, klebt es da auch noch in hundert. Es sei denn, die ganze Straße verschwindet. Ich schätze, anders wird es mit der Liebe zu Dir auch nicht sein. Sie verschwindet dann, wenn ich verschwinde.

Es ist viel passiert in diesen siebzehn Jahren. Ich bin jetzt verheiratet. Du würdest sie mögen, da bin ich mir sicher. Sie, die ich erst ablehnte, aus Angst, ich könne sie verletzen. Sie fand ihren Weg in mein Herz und in meine Arme. Ich verletzte sie, wenn auch erst Jahre später und anders, als befürchtet. Ich verletzte uns beide, mit mir selbst. Unsere Liebe trägt es. Die Liebe zu Dir dagegen bohrt in regelmäßigen Abständen in den unverheilten Wunden und lacht. Hergeben möchte ich sie trotzdem nicht, denn sie ist neben dem Taschentuch alles, was ich von Dir besitze.

Dein Taschentuch, welches Du mir gabst, um meine Tränen trocknen zu können. Die Tränen, die ich weinte, weil ich den Moment nicht fassen konnte. Mittlerweile ist es nicht mehr im Kleiderschrank zwischen meiner Wäsche. Nicht mehr der selbe Ort, nicht mehr der selbe Kleiderschrank, nicht mehr die selbe Wäsche, nicht mehr das selbe Leben. Ich bewahre es in einer Kiste im Keller mit den reduzierten Zeugnissen unserer Vergangenheit.

Meine Seele kannte das Datum des heutigen Tages und brachte mir am Morgen unsere letzte Begegnung in den Sinn. Ich dagegen erfuhrt das Datum erst um die Mittagszeit, nach Erledigung der Hausordnung und dem Unterzeichnen des Reinigungsplanes.

Der letzte Blick in Deine Augen.
Die letze Berührung.
Deine Hand auf meinem Arm.
Abschied.
Für immer.

Damals hinter der Theaterbühne.