Schlagwort: Liebe

Ver-rückt (4)

Kakoschke lebt, leidet und liebt so vor sich hin. Letzteres gerade besonders. Kennt ihr das, wenn der Solarplexus sich so dermaßen zu Wort meldet, dass es einem die Sprache verschlägt, geschweige denn man einen klaren Gedanken fassen kann, weil einem vor lauter Schmerz die Luft weg bleibt? Dieses Sehnen, dieses Verlangen, dieses innere Feuer – daran möchte ich gerade elend zu Grunde gehen. Schon oft habe ich es gespürt… seit… – und dennoch konnte mich dieses Gefühl nie aus dem Gefängnis meiner Erinnerungen befreien. Dieses Mal könnte es anders sein und trotz aller Glücksseligkeit erfüllt mich dieser Gedanke mit Angst, weil ich nicht weiß, wo mich das hinführt. Diese Augen, dieses Lächeln, dieser Körper. Ich werde wahnsinnig. Und sie passt zu mir, als habe der liebe Gott sie eigens für mich erschaffen.

Erinnerungspartikel

Du lebst an jedem Ort dieser Welt, an dem ich Dich sah und an dem ich an Dich gedacht habe. Du lebst in jedem Menschen, der Dich kannte. Du lebst selbst in denen, die nur Deinen Namen genannt haben oder deren Namen Du genannt hast. Du lebst in jedem Musikstück, welches Du gehört, gesungen, gespielt und dirigiert hast, in jeder einzelnen Note, jedem einzelnen Takt. Du lebst in jedem Bild, das Dich zeigt und in jedem Gegenstand, den Du berührt hast. Du lebst in jedem Stückchen Weg, das Du beschritten hast. Du lebst in jedem Millimeter Himmel, den Du betrachtet hast, jedem Stern, den Du angesehen hast. Du lebst in jedem Wort, welches Du zu mir gesprochen hast und in jeder Berührung, die Du mir geschenkt hast. Du lebst in mir, um mich, in jedem meiner Atemzüge und Herzschläge – überall. Und mir scheint, als müsse ich nur all diese unzähligen Erinnerungspartikel zusammensuchen, die sich auf der ganzen Welt verteilt haben, um Dich wieder im Ganzen bei mir zu haben. Und ich würde es tun. Nur für eine Sekunde in Deinen Armen würde ich es tun. Selbst, wenn die Suche nach Dir mein ganzes Leben dauert.

10

Es ist nicht unsere Aufgabe,
einander näherzukommen,
so wenig wie Sonne und Mond
zueinanderkommen
oder Meer und Land.
Unser Ziel ist, einander zu erkennen
und einer im anderen das zu sehen
und ehren zu lernen, was er ist:
des anderen Gegenstück und Ergänzung.

Hermann Hesse – „Narziß und Goldmund“