Ein Paar Hände, das sich von hinten durch meinen Rücken, in meinen Körper bohrt und mich mit schmerzvoller, folternder Zärtlichkeit auseinander reißt. Ist das Liebe?
Ein Symbiont, der von meinem Inneren existiert und von dessen Exkrementen, einem Wust aus Verzweiflung bringenden Gefühlen, ich existiere. Ist das Liebe?
Ein kleiner, schleimiger Wurm, der von meinem Innersten Besitz ergriffen hat, sich Millimeter für Millimeter kriechend durch meinen Körper bewegt und keine Zelle unberührt lässt, unangefressen. Ist das Liebe?
Jeder einzelne wundervolle Biss dieses Wesens, der mich mit dem Verlangen nach deiner Gegenwart, deiner Stimme, deinem Geruch quält und mir die Realität wie totes Blut durch den Körper schießen lässt. Ist das Liebe?
Die fast unerträglichen Schmerzen, die es mit sich bringt, wenn es sich in meinem Kopf einen Weg durch Vernunft und Wissen frisst und mit einer geifernden, höhnischen Fratze flüstert, was ich im Grunde schon immer weiß.
Ist das Liebe?
Eine Antwort, die Gott wie eine schutzsuchende Sinngeburt aus Schmerz hilflos in meine und auch deine Hände fallen lässt.
Ja, das ist Liebe!
15. Dezember 1998 // © Antje Münch-Lieblang